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Keine Angst vor fremden Tränen

Der Tod gehört zum Leben, heißt es. Aber was passiert, wenn der Ernstfall eintritt – wie begegnet man Trauernden adäquat? Chris Paul, Leiterin des TrauerInstituts Deutschland, geht in ihrem Buch auf den Umgang mit Menschen ein, die einen nahen Angehörigen, einen Freund oder guten Bekannten verloren haben. Das Buch hilft den Tröstenden, die Situation des Gegenübers, sein Fühlen und Denken, besser zu verstehen.

Unterschiedliche Traueranlässe

Die Diplom-Psychologin beschreibt prototypisch folgende Situationen: eine Witwe, die den Verlust ihres Mannes zu überwinden sucht, Eltern, deren Kind gestorben ist, eine Familie, in der sich jemand selbst getötet hat. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung als Trauerbegleiterin weiß Chris Paul, mit welchen Schwierigkeiten, Ängsten, Nöten oder auch Depressionen die Angehörigen zu kämpfen haben. Ihr Buch ist dabei mehr als eine Situationsanalyse. Die Verfasserin formuliert zahlreiche Empfehlungen für die Begegnung mit Trauernden und gibt konkrete Tipps für den Alltag. Deutliche Hinweise finden sich unter einer Überschrift wie „Bitte vermeiden Sie“. Eine Floskel, die da lautet „Aus jedem Unglück entsteht am Ende ein Sinn“, mag mitunter gut gemeint, aber wenig durchdacht sein. Ebenso zielt nach Pauls praktischer Erfahrung das Angebot „Du kannst mich jederzeit anrufen“ ins Leere. Besser übernimmt man selbst die Initiative: „Ich würde dich gerne mal anrufen, wäre Dir das Recht?“

Ausrichtung auf Alltagssituationen

Die Stärke des Buches liegt in der Ausrichtung an Geschehnissen aus dem Alltag. In Folge dessen ergeben sich konkrete Fragen: Wie verhält man sich am Grab, wie ist es einzuordnen, wenn eine Familie die Beisetzung „in aller Stille“ hat stattfinden lassen? Was sollte auf einer Beileidskarte stehen und welche Sätze sind dort fehl am Platz? Da Trauer auch immer etwas mit dem eigenen Kulturkreis, der Religion oder Konfession, möglicherweise sogar mit Familientraditionen zu tun hat, geht die Autorin auf unterschiedliche Trauerriten und -formen ein und wirbt damit zugleich um mehr Verständnis für individuelle Verhaltensweisen.

Trauernde ernst zu nehmen benennt Chris Paul als einen Anspruch, der im Kontakt mit ihnen an vorderster Stelle stehen sollte. Das Buch bietet auf vielschichtige Weise eine gute Orientierung, diesem Wunsch Rechnung zu tragen.

Chris Paul, Keine Angst vor fremden Tränen. Trauernden Freunden und Angehörigen begegnen. Gütersloher Verlagshaus, 2013.