Das Netz und der Tod - Umgang mit digitalen Identitäten von Verstorbenen

Es bedarf keiner langen Vorreden um zu erkennen, dass das Thema „digitale Identitäten“ von besonderer Bedeutung ist, wenn Menschen verstorben sind und damit Fragen nach den Rechten und Pflichten der erbberechtigten Angehörigen auftauchen.
Im November 2014 veranstalteten der BDB und der Bundesverband IT-Sicherheit „Teletrust“ einen
Informationstag in Berlin und widmeten sich den rechtlichen und technischen Aspekten im Umgang mit digitalen Identitäten von Verstorbenen. Im Folgenden ein kurzer Überblick über diskutierte Themen:

Rechtliche Aspekte

Aus erbrechtlicher Perspektive gehört die Gesamtheit des digitalen Vermögens grundsätzlich zum Erbe. Damit müssten theoretisch auch private E-Mails der Verstorbenen genauso zur Erbschaft gehören wie handgeschriebene Briefe und Tagebücher. Die Verschwiegenheitspflicht von Berufsgeheimnisträgern steht der Erbschaft von Accounts nicht im Weg. Wie sonst auch üblich würde hierbei die Verantwortung des Schweigens auf die Erben übergehen.

Provider und Internetdatendienste

Wie kann man als Angehöriger nachprüfen welche Accounts der Verstorbene hatte? Können Accounts mit Fantasienamen einer Person eindeutig zugeordnet werden? Erbrechtliche Ansprüche auf E-Mail-Postfächer einzufordern, ist nicht einfach. Das Fernmeldegeheimnis scheint die Herausgabe von Inhalten den Providern unter Strafe zu verbieten. Zudem sind viele Provider internationale Firmen und unterliegen ausländischer Rechtsprechung. Das erbrechtliche Einholen von Informationen für Angehörige wird erheblich erschwert, wenn Erbscheine übersetzt werden und ausländische Formalitäten entsprechen müssen.

Digitaler Verbraucherschutz

Die unterschiedlichsten Detailfragen sind ein Beweis für die Vielschichtigkeit der Problematik. Deswegen hat die Verbraucherzentrale eine Internetseite www.machtsgut.de geschaltet, die vor allem jüngere Nutzer präventiv über die postmortalen Folgen ihres digitalisierten Alltags aufklären will.

Digitale Nachlassverwaltung

Auf  viele Fragen muss die Antwort noch gefunden werden. Was passiert zum Beispiel mit digitalem Erwerb von Musik, Büchern und Filmen? Hier erlöschen die Nutzungsrechte in den allermeisten Fällen mit dem Tod des Käufers. Ein krasser Widerspruch zur bisher völlig selbstverständlich gehandhabten Praxis, dass jedes Buch, jeder Videofilm und jede Schallplatte Teil des Erbes der Angehörigen ist. Keiner würde hinterfragen, ob der Sohn die Schallplattensammlung des Vaters anhören und nutzen darf. Keiner würde der Tochter absprechen, die Liebesbriefe der Mutter an den Vater zu lesen und sorgsam aufzubewahren.

Der BDB und der Bundesverband für IT Sicherheit „Teletrust“ arbeiten weiter an den offenen Fragen.  Die dringlichste Frage ist, welche nachhaltigen Lösungen die Bestatter guten Gewissens den Angehörigen anbieten können.