Foto © Corinna Kuhnen, „Fremder Tod“, Fachverlag des deutschen Bestattungsgewerbes, Düsseldorf 2012

Von orthodox bis progressiv - jüdische Bestattungen in Deutschland

Das Judentum ist sehr vielfältig, auch in Deutschland: Da gibt es diejenigen, die sich als „orthodox“ bezeichnen. Und es gibt das stark von der Aufklärung geprägte „progressive Judentum“, das sich wiederum in verschiedene Strömungen unterteilt. Die Unterschiede der Strömungen spiegeln sich unter anderem in den Bestattungsbräuchen wieder. So bestatten die „Orthodoxe“ ihre Verstorbenen ohne Blumen, in „progressiven“ Gemeinden sind Blumengestecke dagegen üblich. Außer den Psalmen gibt es bei „orthodoxen“ Begräbnissen keine Musik. „Progressive“ Gemeinden hingegen schöpfen unter anderem aus dem reichen Schatz jüdischer Synagogalmusik des 19. Jahrhunderts.

Rituale vor der Bestattung

Nach dem Eintritt des Todes wird der Mensch in aller Regel rituell gereinigt. Dieser Vorgang wird Tahara genannt und von einer eigens dafür zuständigen Gruppe aus der Gemeinde durchgeführt, die den Verstorbenen auch anschließend weiße Kleider anzieht. Fromme Juden bestattet man in ihrem Gebetsschal (Talit), von dem allerdings die Schaufäden (Ziziot) abgeschnitten werden. Diese Schaufäden sollen schließlich die Lebenden erinnern, die Weisungen der Tora auszuführen.

Ein schlichter Holzsarg und lustige Geschichten

Das jüdische Begräbnis selbst ist einfach und schlicht. Die Verstorbenen werden in einem Holzsarg ohne Metallnägel bestattet, in Israel und in orientalischer Tradition lediglich in einem Tuch. Feuerbestattungen sind im Judentum selten und je nach religiöser Ausrichtung zugelassen, verpönt oder verboten. Die Rabbiner, oft aber auch die Angehörigen, halten am Grab einen Vortrag (Hesped) über den Verstorbenen bzw. die Verstorbene. Im Hesped werden schöne, lustige und erstaunliche Geschichten über ihn bzw. sie erzählt und die Anwesenden lachen und weinen zugleich.

 … und nach der Bestattung?

Nach der Bestattung nehmen die Hinterbliebenen ein schlichtes Mahl zu sich, dann beginnt die siebentägige Trauerzeit. Religiöse Jüdinnen und Juden glauben zumeist, dass die Seele nach dem Tod weiterlebt. Genaue Jenseitsvorstellungen aber sind ihnen fremd, denn ihnen geht es vor allem ums Diesseits, in dem Glauben und Handeln untrennbar sind. Wichtig ist die Achtung vor den Menschen, den Lebenden wie den Verstorbenen.

Lesen Sie den vollständigen, unveränderten Artikel von Jens-Eberhard Jahn in der Printausgabe der bestattungskultur 03.2015