Wenn sich der Bestatter allzu „christlich“ gibt…

Vom Wandel der Bestattungskultur,
der Suche nach einem qualifizierten Bestatter und dem Schutz vor Scheinverheißungen

„Christliches Bestattungshaus Mustermann – als Christen begleiten wir Sie im Abschied von Ihrem lieben Angehörigen, ganz auf der Basis der Worte Jesu und des Evangeliums!“ Eine große Verheißung mit schönklingenden Worten, die für sich christliche Maßstäbe bei der Durchführung von Bestattungsdienstleistungen reklamiert und sofort Matthäus 6,1 mahnen lässt: „Hütet euch davor, eure Frömmigkeit vor den Menschen zur Schau zu stellen!“

In Deutschland arbeiten etwa 4000 Bestattungsunternehmen, von denen über 80 % durch den Bundesverband Deutscher Bestatter repräsentiert werden. Eine große Mehrheit der Bestattungsunternehmer ist mit ihren Familien Mitglied der katholischen oder evangelischen Kirche und nehmen für sich zu Recht in Anspruch, Christen zu sein und als Christen auch den Beruf des Bestatters zu praktizieren, ohne das in der Werbung zu erwähnen. Wird man diesen vielen Bestattern gerecht, indem einige wenige das Prädikat „christlich“ für das eigene Bestattungshaus fast schon exklusiv zu pachten versuchen? Betreibt man nicht mit solchen Slogans im Letzten einen Etikettenschwindel und eine völlig unbiblische Selbsterhöhung der eigenen Position durch Erniedrigung Anderer?

Seit 2003 hat durch die Aktivität des Bundesverbands Deutscher Bestatter die Ausbildung einen festen Rahmen, in dem man eine Lehre als Bestattungsfachkraft absolviert. Aufbauend darauf kann dann der Titel des Bestattermeisters über die Handwerkskammern in Düsseldorf und Würzburg erworben werden. Die Aus- und Fortbildung im Bestattungsgewerbe ist heute ein fester Bestandteil jeder Berufsplanung als Bestatterin oder Bestatter und hat ihre Heimat im Bundesausbildungszentrum der deutschen Bestatter im unterfränkischen Münnerstadt bei Bad Kissingen.

Primär für die Wahl eines Bestattungsunternehmens ist für Angehörige neben der Tradition eines Hauses und des guten Rufes heute selbstverständlich auch die Frage, welche Qualifikationen und Dienstleistungen das einzelne Bestattungsunternehmen anbieten kann. Durch das immer noch stark vorhandene „Tabu Tod“, sind Menschen jedoch vielfältig verunsichert, was die Frage nach Kosten einer Bestattung und deren Durchführung betrifft. So können Lockvogelangebote von sogenannten „Discountbestattern“ oder anderen angeblich „ganz tief emotional christlich einfühlenden“ Bestattern schnell dazu verleiten, die Toten und sich als Trauernder in deren wenig qualifizierte Hände zu begeben. Über 1000 Betriebe aus dem Kreis des Bundesverbands Deutscher Bestatter haben als weiteres Zeichen ihrer Qualifikation das TÜV-zertifizierte „Markenzeichen“, mit dem sie ihre Qualität nicht nur behaupten, sondern durch unabhängige Prüfungen auch permanent dokumentieren.

Ein problematischer Trend zeigt sich in der Suche nach Bestattern auf digitalen Wegen im Internet. Die Suche nach einem Bestattungshaus im Netz ist legitim, zeitgemäß und angemessen. Bei der Beauftragung ein Bestatters jedoch sollte der persönliche Eindruck zählen, ferner ein transparenter Kostenvoranschlag, der gleiche Leistungen und Präferenzen auch in der gleichen Region bei zwei oder drei Mitbewerbern abbildet. Immer wieder kommt es zu inadäquaten Bestattungspraktiken, wo Personen tätig werden, die den Namen „Bestatter“ real nicht verdienen und die Verstorbene in Massentransporten quer durch die Bundesrepublik transportieren, nur um mutmaßlich günstige Einäscherungen in Krematorien in weiter Ferne zu ermöglichen, oftmals auch mit einer anonymen Beisetzung der Urne an einem nicht bekannten Ort.

Solche Zumutungen sind weit schlimmer als die Frage nach der persönlichen religiösen Praxis eines Bestatters. Der qualifizierte Bestatter bedarf für seinen existenziellen dienstleisterischen Alltag einer gefestigten persönlichen Weltanschauung und Überzeugung, die er jedoch tunlichst nicht zu Markte trägt und dem Kunden gegenüber seine vermeintliche Religiosität suggeriert. Die eigene Anschauung ist vielmehr die Basis seines täglichen Tuns, das durch Ausbildung, Qualifikation und Seriosität untermauert wird. Zum Bestatterberuf gehört neben der Neigung einen solchen sehr wertvollen Dienst an Angehörigen und Verstorbenen vollziehen zu können, stets auch die Eignung, die sich in fachlicher aber auch ethisch moralischer Hinsicht zeigen und bewahrheiten muss. Junge Frauen, die mit großen Worten versuchen wollen, „ganz authentisch und tief“ den Menschen zu begegnen, aber konkret mit dem Umgang eines Verstorbenen Probleme haben, sind in der Bestattungsbranche genauso deplatziert wie junge Männer, die zwar hemdsärmelig zupacken können, denen es aber an Empathie, Einfühlung und Ethos ermangelt.

Vorsicht ist stets geboten, wenn Bestattungen zu Pauschalen angeboten werden, Preise nicht klar dokumentiert, ein transparenter Kostenvoranschlag verweigert oder gar moralisch Druck auf die Angehörigen ausgeübt wird, jetzt im Tod am Vater oder der Mutter noch Dinge gutzumachen. Eine Bestattung muss nicht teuer sein, soll auch nicht billig sein, sie muss preiswürdig sein. Achtung bei Vermittlungsportalen im Internet, die sich verbraucherschützend ausgeben, in Wahrheit aber 12-20% Provision für die Vermittlung beim Bestatter kassieren.

Die Bestattung von Verstorbenen ist ein fundamentaler Bestandteil der Gesellschaftsstruktur und der Kultur. Menschliche Kultur beginnt dort, wo Menschen ihre Toten nicht auf freiem Feld liegen lassen. Und weil die Bestattungskultur zur Gesellschaft im Allgemeinen gehört, ist auch sie Veränderungen unterworfen – daher wird im Bestattungsgewerbe von Trends gesprochen. Es ist aber Differenzierungsvermögen gefragt, vorschnell bestattungskulturelle „Trends“ auszurufen. Viele vermeintliche Bestattungstrends sind eher Events oder außergewöhnliche Formen, die von bestimmten Firmen mit eigenen wirtschaftlichen Interessen hochstilisiert werden. Formen wie Diamantbestattungen beispielsweise, bei denen aus der Asche ein Diamant gepresst wird, sind keine Bestattungstrends und in keinem Fall als christliche Bestattungskultur zu bezeichnen.

Die Bestattungskultur ist Spiegelbild einer gesellschaftlichen Lebensäußerung. So ist Wandel immer gegeben. Beispielsweise äußert sich die gesellschaftliche und soziologische Mobilität der Menschen in einem Wandel der Riten und Gebräuche und des ästhetischen Empfindens. Da ist der Bestatter als Fachmann gefragt, in alle Richtungen profund zu beraten und mit seiner inszenatorischen und rituellen Kompetenz eine stimmige Bestattung, die dem Weltbild des Einzelnen gerecht wird, durchzuführen.

Die Entwicklung deutet zwar darauf hin, dass alternative Arten der Bestattung an Bedeutung gewinnen werden, die traditionellen und auch christlichen Formen werden weiterhin ihren Raum haben, während die Alternativformen ihre Nachhaltigkeit erst noch beweisen müssen. Hier werden sich die Worte des Apostels Paulus im 1. Thessalonicher-Brief bewahrheiten: „Prüft aber alles und das Gute behaltet.“

Oliver Wirthmann

Kontakt:

Kuratorium Deutsche Bestattungskultur e.V.
Cecilienallee 5, 40474 Düsseldorf – Telefon: 0211-16008-10
Ansprechpartner: Geschäftsführer Oliver Wirthmann, Dipl.-Theol.
E-Mail: wirthmann@kuratorium-deutsche-bestattungskultur.de