Foto: © I-vista/pixelio.de

Rechtliche Aspekte des digitalen Nachlasses

Für Erben stellt sich immer häufiger die Frage, wie mit den digitalen Bestandteilen des Nachlasses umzugehen ist. Die meisten Verstorbenen waren in irgendeiner Form online aktiv und haben Spuren im Netz hinterlassen. Hieraus können sich auch vertragliche Ansprüche oder Verpflichtungen ergeben, mit denen sich die Erben auseinandersetzen müssen. Denn rechtlich gesehen fallen alle vertraglichen Beziehungen, die zum Zeitpunkt des Todes bestanden, in den Nachlass. Dies gilt unabhängig davon, ob es um „analoge“ oder „digitale“ Inhalte geht.  

Bestandsaufnahme erforderlich

Zunächst ist es oft gar nicht so einfach herauszufinden, wo überall im Netz der Verstorbene aktiv war. Häufig existiert keine vollständige Liste aller Online-Aktivitäten. Bei Diensten, die keine Identifizierung des Nutzers voraussetzen, wie zum Beispiel einem unter Pseudonym genutzten Freemail-Account, muss zudem gegenüber dem Betreiber nachgewiesen werden, dass das Konto tatsächlich dem Verstorbenen gehörte.

Nachweis der Erbenstellung

Für den Nachweis der Erbenstellung gilt in der digitalen Welt nichts anderes als beim normalen Bankkonto oder dem Mietvertrag: Ein vom Amtsgericht ausgestellter Erbschein oder ein notarielles Testament mit gerichtlichem Eröffnungsprotokoll reichen aus und sind vom Vertragspartner zu akzeptieren. Dies kann auch nicht durch AGBKlauseln ausgeschlossen werden.

Rechtsnachfolge durch die Erben

Die allgemeinen Geschäftsbedingungen mancher Anbieter enthalten spezielle Regelungen für den Todesfall. Einige Unternehmen verlangen zum Beispiel eine Sterbeurkunde und Nachweise über ein bestehendes Näheverhältnis zum Verstorbenen, etwa eine enge Verwandtschaft. Daraufhin wird das Konto auf „inaktiv“ geschaltet oder gelöscht, nicht aber der Zugriff gestattet. Nach deutschem Recht gilt der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge. Das bedeutet, dass die Erben in alle Rechtsverhältnisse so eintreten, wie sie zum Zeitpunkt des Todes mit dem Erblasser bestanden. Ihnen ist daher ohne weiteres der Zugriff zu gewähren.

Manche Anbieter verweigern den Erben den Zugriff auch mit dem Hinweis auf das Fernmeldegeheimnis. Danach ist es einem Mail-Provider untersagt, die Inhalte der Kommunikation an „andere“ weiterzugeben.  Dies schützt nicht nur das Vertrauen des Empfängers, sondern auch des Absenders an die Vertraulichkeit der Kommunikation. Auch dieses Argument dürfte aber nicht durchgreifen, denn verstirbt der Empfänger, bevor die Nachricht ihn erreicht, tritt nach allgemeinen Grundsätzen der Erbe an seine Stelle. Dieser ist rechtlich gesehen dann kein „anderer“ und das Zustellen der Nachricht an ihn ist ebenso zulässig wie bei einem herkömmlichen Brief.

Gestaltungsmöglichkeiten durch Vorsorge

Vorsorge lässt sich zum Beispiel durch das lebzeitige Anfertigen einer Übersicht über die bestehenden Online- Verträge treffen. Die Zugangsdaten sollten so hinterlegt werden, dass sie nach dem Tod nur für die Personen zugänglich sind, die der Erblasser dazu bestimmt. Sollen dies nicht die gesetzlichen Erben sein, bietet allein ein Testament Rechtssicherheit. Die teilweise von den Providern angebotenen Kontoeinstellungen, die dafür sorgen sollen, dass nach einer Zeit der „Inaktivität“ das Nutzerkonto gelöscht oder die Zugangsdaten bestimmten Personen zugesendet werden, reichen hierfür nicht aus, denn diese Einstellungen können von den Erben jederzeit geändert werden.

Lesen Sie den vollständigen, unveränderten Artikel von Matthias Frohn in der Printausgabe der bestattungskultur 05.2015